CHARLOTTE CROME

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Charlotte Crome

Charlotte Cromes Bilder wirken wie Psychogramme, wie Seelenlandschaften des modernen, unbehausten Menschen. Man ahnt, dass sie ihren Ursprung im Biographischen haben mu?ssen, aber wie jede gute Kunst transzendieren Cromes Bilder dieses Private hin zu etwas U?berindividuellem. Cromes Gema?lde sind dicht verwobene Metapherngeflechte. Ornamente, Farben, Inseln, Natur, Schutzhu?tten – allein schon die Titel vieler ihrer Bilderserien, die wie Versuchsanordnungen wirken, kulminieren in einem fast mythischen Ort: Venedig mit seinen vielen ornamentalen Kirchenbo?den. Biographisch ließe sich dieser Ort leicht auflo?sen mit einem Blick in die Biographie Cromes, doch wu?rde dieser Kurzschluss nicht weit fu?hren. Nicht den Blick lenken auf die “weiten Fahrten“, zu denen ihre Bilder einladen. In Cromes Arbeiten wirkt das Ornament, in dem sich Farbe und Struktur verbinden, wie eine Metapher fu?r nicht weniger als die Kunst selbst. Welches Versprechen kann Kunst noch einlo?sen, scheinen ihre Bilder zu fragen. Vermag Kunst dem unbehausten Menschen eine Behausung zu schaffen, in der er sich einrichten kann? Cromes immer wiederkehrenden Schutzhu?tten aus der gleichnamigen Serie wirken dafu?r erstaunlich transparent, geradezu schutzlos. Auch mu?ssen sie von kra?ftig wirkenden Leinen fixiert werden, als bestu?nde jederzeit die Gefahr, dass sie davon geweht werden ko?nnten. Selten vielleicht wurde die transzendentale Obdachlosigkeit des modernen Menschen feinsinniger und zugleich fragiler auf Papier gebannt. Und so wirken viele ihre nur scheinbar dahin geworfenen Zeichnungen, und dabei gerade auch jene, die die Verlassenheit und Verletzlichkeit des Menschen zeigen, wie ein Schlu?ssel zu den großformatigen, kra?ftigen und oft farbintensiven Gema?lden. Sie sind dabei jedoch keine zeichnerischen Vorstudien, wie man es sonst so oft kennt. Dafu?r entwickeln sie eine viel zu eigensta?ndige A?sthetik. Indem Crome in ihren Gema?lden immer wieder neue Farben u?bereinander schichtet, legt sie in einer Art negativen oder besser invertierten Archa?ologie den Blick frei auf verborgene, unbekannte Ra?ume. Dieser Prozess des Zudeckens und Verschu?ttens o?ffnet immer neue Ra?ume, die auf faszinierende Weise offen, nicht festgelegt sind und immer neue Assoziationen evozieren. In ihrer vielleicht wichtigsten Arbeit, „Lange Fahrt“, o?ffnen sich diese Interpretationsra?ume in einem scheinbar frei schwebenden, ornamentalen Boden. Versetzt u?ber ihm thront gleichsam eine u?berdimensionierte Schutzhu?tte, deren Seitenwa?nde zu Projektionsfla?chen eines idealisierten Naturbildes werden. Die Farben des Ornamentbodens bieten jedoch keinen Halt, die schu?tzende Hu?tte scheint wie in einem Albtraum, in dem man ins Bodenlose fa?llt, unerreichbar abgetrennt durch die archa?ologischen Grabungssta?tten gleichen Kammern im Boden. Zudem wirkt die Landschaft wie eine isolierte Insel, die sich an ihren Ra?ndern in der Unendlichkeit eines fast weißen Horizonts verliert. Und doch wirkt das Bild weit weniger bedrohlich als man meinen mag. Die Farbigkeit des Ornaments – und mag es noch so bodenlos sein – strahlt etwas Verso?hnliches aus. Auch wenn es Inseln sind, „die es nie gab“, wie eine der letzten Ausstellungen von Charlotte Crome betitelt war, vermag die Kunst, so legen es diese Bilder nahe, vielleicht doch eine, vielleicht die einzige Behausung des Menschen zu sein.

Jan Metzler

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Charlotte Crome – Malerei

Die surrealen Landschaften von Charlotte Crome wirken wie Einblicke in eigenwillige, fantastische Welten. Wie Psychogramme scheinen die Bilder etwas u?ber Seelenlandschaften zu offenbaren, die uns gleichermaßen fremd und vertraut erscheinen ko?nnen.
In fast allen Bildern findet sich eine Ambivalenz zwischen Expressivita?t und stringenter Konzeption; das Aufeinandertreffen der verschiedenen abstrakten Formensprachen erzeugt ein beeindruckendes Spannungsverha?ltnis.
Cromes Bilder sind einerseits gepra?gt von einem wilden emotionsgeladenen Malstil, der auf der anderen Seite durch eine ra?umlich angelegte, minutio?s ausgefu?hrte Ornamentik im Zaum gehalten wird. Einige Arbeiten lassen die vertra?umten Landschaften leichter asiatischer Tuschezeichnungen assoziieren, einladende meditative Orte der Ruhe; andere du?sterere Bilder versetzen den Betrachter gar in unheimliche futuristische Landschaften ferner Planeten.

Annette Sievert